Entstehen wirklich Mehrkosten bei einer Einführung der Norm ISO 8015?

Sobald man mit der Norm ISO 8015 und den dazugehörigen Normen konfrontiert wird, werden schnell einmal die Fragen gestellt: Welche Kosten kommen da auf uns zu? Müssen wir Investitionen im Bereich Messtechnik tätigen?

Gehen wir diesen Fragen einmal etwas näher auf den Grund. Schliesslich sind diese Fragen nicht unbegründet. Bereits wenn man mit den Form- und Lagetoleranzen in Berührung kommt stellt man fest, viele Merkmale können nicht mehr einfach mit Messschieber und Bügelmessschraube gemessen werden. Mit Einführung der neuen Allgemeintoleranz ISO 22081, verwirft dann so mancher die Hände über den Kopf. Denn diese sieht auf der Zeichnung über dem Zeichnungskopf eine allgemeine Flächenformtoleranz vor.

Es ist alles nicht so gravierend, wie es zunächst den Anschein macht, denn Form- und Lagetoleranzen mussten immer schon bis zu einem bestimmten Grad eingehalten werden. Dies lässt sich sehr gut anhand der oft verwendeten Norm für Allgemeintoleranzen DIN ISO 2768 erläutern. Hier sind Toleranzwerte hinterlegt welche auf die verschiedenen Merkmale anzuwenden sind. Diese Toleranzen sind auf der Zeichnung nicht explizit vermasst und oft wurden auch funktionsrelevante Merkmale damit toleriert. Wenn man in der DIN ISO 2768 Teil 2 nachschaut findet man auch sehr viele Form- und Lagetoleranzen welche mit dieser Norm angezogen werden. Im folgenden Bild wurden diese sichtbar gemacht (blau eingefärbte Toleranzen nach DIN ISO 2768-mH):

Bild: Carl Zeiss AG, Prüfgerechte Tolerierung – Maß, Form und Lage, Robert Roithmeier

Jetzt eine Frage: Wer hat alle diese Form- und Lagetoleranzen jemals überprüft?
In der Praxis werden diese Toleranzen selten bis nie überprüft.
Was kann man aus dieser Erkenntnis schlussfolgern?
Ausschlaggebend für die Prüfung von Werkstücken ist ihre Funktion. Alle funktionsrelevanten Merkmale müssen somit zwingend auf der Zeichnung spezifiziert sein und müssen am Werkstück auch geprüft werden. Wurde ein funktionsrelevantes Merkmal bisher nicht geprüft weil es mit der Allgemeintoleranz toleriert wurde, dann kann man einfach von Glück sprechen, dass bisher nichts passiert ist. Unter Umständen hätte man schon viel früher diese Merkmale messen sollen. Eine Investition in passende Messmittel wäre dann schon längst überfällig.

Für alle anderen Merkmale die nicht oder nur bedingt funktionsrelevant sind, kann man auch weiterhin konventionelle Messmittel einsetzten und stichprobenmässig prüfen. Heute werden Abweichungen mit funktionellen Anforderungen oft erst in der Endkontrolle festgestellt. Bevor also in eine Endkontrolle investiert wird, lohnt es sich alle vorgängigen Prozesse zu betrachten.

Fazit:

Mit der Einführung von ISO 8015 entstehen nur da Mehrkosten für Investitionen in die Messtechnik, wo sie ohnehin schon längst überfällig waren. Diese Norm deckt zahlreiche Risiken und Mängel auf und verhindert, durch anschliessende Massnahmen, Folgekosten. Alle anderen Kosten, zum Beispiel für Schulung oder Zeichnungsänderungen, sind eine hervorragende Investition um künftig die Qualität beizubehalten oder zu verbessern. Zudem bieten einige Toleranzwerkzeuge auch die Möglichkeit kostengünstiger zu produzieren oder Ausschuss zu minimieren.

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